So gelingt der Praxiseinstieg: Ein Inhaber und eine Neueinsteigerin berichten

Prof. Dr. Henrik Michaely und Dr. Miriam van Rickeln sind beide Gesellschafter im MVZ Radiologie Karlsruhe. Im Rahmen der virtuellen „Sprechstunde Niederlassung“ am 23. Januar 2023 werden sie über das Thema Praxisfinanzierung diskutieren. Im Interview berichten sie vorab, welche Herausforderungen beim Einstieg in eine bestehende radiologische Praxis auf Inhaber:innen und Neueinsteiger:innen warten.

Frau Dr. van Rickeln, Sie sind kürzlich im MVZ Radiologie Karlsruhe Mit-Gesellschafterin geworden und haben dort vorher als angestellte Radiologin gearbeitet. Wie kamen Sie zu der Entscheidung, in die Praxis mit einzusteigen?

Dr. Miriam van Rickeln © MVZ Radiologie KarlsruheDr. Miriam van Rickeln: Der Wunsch nach Selbstständigkeit ist bei mir in den letzten 5 Jahren immer größer geworden. Ein sehr wichtiger Aspekt für mich war die damit verbundene Unabhängigkeit, die man mit einer Selbständigkeit erhält. Man kann sein eigener Chef sein. Ich habe über die letzten Jahre zunehmend meine Freude entdeckt, neue Tätigkeiten zu erlernen und damit auch Aufgaben außerhalb meines direkten Arbeitsumfeldes zu übernehmen. Als Selbständige gleicht kein Tag dem anderen, immer wieder gibt es Veränderungen oder Probleme, auf die wir flexibel reagieren müssen. Ich möchte gerne neue Ideen im Praxisablauf integrieren und eine angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen. Eine Selbstständigkeit bietet mir die Möglichkeit, persönlich und finanziell zu wachsen.

Herr Professor Michaely, Sie waren bereits vorher mit zwei Kollegen Mit-Gesellschafter im MVZ. Warum haben Sie eine weitere Gesellschafterin gesucht – und wie fiel dann die Entscheidung auf Frau Dr. van Rickeln?

Prof. Dr. Henrik Michaely © MVZ Radiologie KarlsruheProf. Dr. Henrik Michaely: Die zahlreichen Tätigkeiten, die neben der eigentlichen Befundung in der Praxis anfallen, haben sich in den letzten Jahren deutlich vermehrt. Gesetze und Verordnungen werden kurzfristig erlassen, Änderungen im Arbeitsablauf und der Abrechnung machen Umstrukturierungen notwendig. Das erfordert eine kontinuierliche gute Kommunikation mit dem gesamten Team. Allein ist diese Tätigkeit nicht zu schaffen. Wir hatten bereits innerhalb der bestehenden Gesellschafter Tätigkeitsfelder persönlich zugewiesen, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass wir zum Aufrechterhalten einer hohen administrativen Prozessqualität weitere Gesellschafter in diesen Funktionen benötigen. Die Wahl fiel in diesem Zusammenhang sehr schnell auf Frau Dr. van Rickeln, da sie sich bereits als angestellte Ärztin freiwillig und ausgiebig um die Weiterentwicklung des Personals kümmerte und auch sehr gut mit den zuweisenden externen Kollegen vernetzt ist. Dass wir damit im Führungsteam auch ein weibliches Mitglied haben, war ein weiteres Argument für Frau von Rickeln.

Neben dem Bedarf an mehr personellen Kapazitäten: Spielten auch finanzielle Aspekte eine Rolle bei der Erweiterung des Gesellschafter-Kreises?

Prof. Dr. Henrik Michaely: Finanzielle Aspekte haben bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises keine direkte Rolle gespielt. Hauptziel war dabei, die administrativ anfallende Arbeit optimal zu verteilen und erledigen zu können und somit defacto eine Stabilisierung des Status Quos bei ansteigenden Anforderungen zu erreichen. Natürlich wäre es erfreulich, wenn wir letztendlich durch eine höhere Prozessqualität oder bessere Außenwirkung höhere Einnahmen erzielen könnten. Die stand jedoch nicht im Vordergrund bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises.

Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen schrecken oft vor dem Thema Finanzierung zurück. Was war dahingehend aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung, Frau Dr. van Rickeln – und was würden Sie anderen Newcomern raten?

Dr. Miriam van Rickeln: Wichtig bei der Selbstständigkeit ist vor allem, dass man Lust darauf hat und voll hinter seiner eigenen Idee steht. Geld sollte auch in einer Selbständigkeit nie die Hauptmotivation sein. Um langfristig erfolgreich zu sein sollte man wirklich lieben was man tut. Ein sehr wichtiger und hilfreicher Punkt ist der direkte Austausch mit bereits selbständigen Kollegen. Von ihnen erfährt man wertvolle Tipps und auf welche Dinge besonders zu achten ist. Man benötigt fachmännische Beratung, aber auch ein gewisses Vertrauensverhältnis zu den Berater:innen der finanzierenden Bank. Die größte Herausforderung für mich war der Ablauf der Übernahme. Welche Dokumente werden benötigt, welche Versicherungen, welche Anträge sind erforderlich an wen kann man sich wenden. Der Einstieg in die Selbständigkeit wird einem deutlich erleichtert, wenn man schon eine gewisse Zeit in der Praxis, in die man einsteigen möchte, gearbeitet hat. Man kennt bereits seine direkten Kollegen und die Praxisabläufe.

Veranstaltungstipp: „Der Kampf mit den Zahlen - Praxisfinanzierung einfach erklärt“
Auf dem Präsenzteil des Deutschen Röntgenkongresses 2022 wurde die neue Veranstaltungsreihe „SPRECHSTUNDE NIEDERLASSUNG“ initiiert, die im virtuellen Format fortgesetzt wird. Ambulant und stationär tätige Radiologinnen und Radiologen wollen über Themen, die die ambulante Radiologie betreffen, miteinander ins Gespräch kommen.

Am Montag, den 23.01.2023, 20 bis 21 Uhr sprechen Prof. Michaely und Dr. van Rickeln gemeinsam der Unternehmensberaterin Claudia Taepper zu: „Der Kampf mit den Zahlen - Praxisfinanzierung einfach erklärt“.
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Weitere Informationen zur Praxisfinanzierung inklusive Praxisanalyse…

…finden Sie auch im Leitfaden Praxiseinstieg im Kapitel 2 „Der Check Up" ab Seite 16.

www.leitfaden-praxiseinstieg.de